Braun / Braune Gesinnung

Braun war die Farbe der Uniformen der NSDAP und der SA. Deshalb bezeichneten schon damalige Zeitgenossen die Ideologie und die Anhänger:innen des Nationalsozialismus als braun. Im heutigen Sprachgebrauch bedeutet braune Gesinnung eine rechtsextreme, meist neonazistische Haltung.

Die Dienstuniformen der Parteikader der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und ihrer paramilitärischen Sturmabteilung (SA) waren hellbraun. Bereits in der Weimarer Republik wurden die Nationalsozialist:innen deshalb als «die Braunen» oder «Braunhemden» bezeichnet – und zwar nicht nur von ihren Gegner:innen. Braun war auch im Selbstverständnis der NSDAP die Farbe der Partei. So hiess die 1930 in München eingerichtete Parteizentrale der NSDAP offiziell «Braunes Haus».

Auch die politischen Gegner:innen verwendeten braun als Attribut für den Nationalsozialismus. So veröffentlichte ein antifaschistisches Komitee kurz nach Hitlers Machtergreifung 1933 das «Braunbuch über Reichtagsbrand und Hitler-Terror», eine Dokumentation mit Fotos und Berichten über die politische Unterdrückung zu Beginn des Dritten Reiches. In der Schweiz erschien 1949 unter dem Titel «Gegen rote und braune Fäuste» eine Sammlung von politischen Karikaturen, die Carl Böckli («Bö») von 1932 bis 1948 für den «Nebelspalter» gezeichnet hatte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb braun in der politischen Diskussion mit dem Nationalsozialismus und verwandten Gesinnungen verknüpft. Das Schweizerische Bundesgericht hat sich 1995 in einem Ehrverletzungsprozess damit befasst (BGE 121 IV 76ff.): Das «Bieler Tagblatt» hatte 1992 eine ehemalige Gymnasiallehrerin, die öffentlich die Existenz von Gaskammern in den NS-Vernichtungslagern leugnete, als «braune Mariette» bezeichnet. Mit der Vorinstanz war auch das Bundesgericht der Meinung, «wer einer ‹braunen› Gesinnung verdächtigt werde, sei in seiner Ehre angegriffen. Denn der Ausdruck ‹braun› werde mit dem Nazitum bzw. dem Faschismus in Verbindung gebracht und sei belastet durch die bitteren Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Gedankengut und den entsetzlichen Folgen des Dritten Reiches.» Weiter stellte das Bundesgericht fest, im heutigen Sprachgebrauch werde unter einer braunen Gesinnung «ganz allgemein eine rechtsextreme Haltung» verstanden.

Wer also jemandem das Etikett «braun» anhängt, muss den Wahrheitsbeweis liefern, dass die so bezeichnete Person tatsächlich dem nationalsozialistischen Gedankengut nahesteht. Gelingt der Beweis nicht, so liegt meist eine strafbare Ehrverletzung vor. Im Fall der «braunen Mariette» sei dieser Wahrheitsbeweis erbracht, erklärte das Bundesgericht, denn die «braune Mariette» habe verlangt, man solle ihr doch einen einzigen Beweis für die Existenz der Gaskammern vorlegen. Dazu schrieb das Bundesgericht: «Die Forderung nach einem einzigen Beweis für die Existenz von Gaskammern ist indessen angesichts des vorhandenen Beweismaterials derart absurd, dass sich, auch wenn andere Motive theoretisch immer denkbar sind, der Schluss auf eine Sympathie zum nationalsozialistischen Regime in einem Masse aufdrängt, welche für das Gelingen des Wahrheitsbeweises ausreicht, zumal der Schluss aus äusseren Umständen (Handlungen, Äusserungen) auf innere Tatsachen (Absichten, Motive) naturgemäss kein wissenschaftlich exakter sein kann.»

Siehe auch die Stichworte NationalsozialismusEndlösungHolocaustShoahKonzentrationslager und Vergasung.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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