Talmud

Weitere Begriffe zum Thema Judentum:

Zusammen mit der Thora umfasst der Talmud die heiligen Schriften des Judentums. Die Thora besteht nach orthodoxem Verständnis aus der von Gott gegebenen Lehre. Um diese in ihrem ganzen Ausmass zu verstehen, ist die mündliche Auslegung, Kommentierung und Diskussion der schriftlichen Lehre im Talmud festgehalten. Das Wort Talmud ist Hebräisch und bedeutet «Belehrung».

Im Zentrum des Talmud steht die «Mischna» (Hebräisch = Wiederholung, Unterweisung). Sie besteht aus der Interpretation der Thora und ist die wichtigste Sammlung religionsgesetzlicher Überlieferung. Die Mischna wurde mündlich tradiert, bis ihre Verschriftlichung und Redaktion zum Beginn des 3. Jahrhunderts in Galiläa abgeschlossen wurde. Die Gelehrten, aus deren Kommentaren die Mischna besteht, werden «Tannaïm» (Hebräisch = Tradierer, Überlieferer) genannt. Spätere Generationen von Gelehrten studierten den Text der Mischna und produzierten Meinungen, Auslegungen und Erklärungen dazu. Diese späteren Kommentatoren heissen «Amoraïm» (Hebräisch = die Sager (vom Verb «sagen»)). Auch ihre Überlegungen wurden gesammelt und unter dem Titel «Gemara» (Hebräisch = Vervollständigung) niedergeschrieben.

Der Talmud enthält die Mischna und die Gemara. Das Schriftwerk hat sich in zwei Strängen entwickelt: der palästinensische Talmud enthält die Diskussion in Palästina bis ins 5. Jahrhundert, der babylonische Talmud jene in Babylon bis ins 7. Jahrhundert. Der babylonische Talmud ist umfangreicher und für die spätere Lehre massgeblicher. Nach der definitiven Verschriftlichung des Talmud haben mittelalterliche Gelehrte weitere Erklärungen und Analysen dazu verfasst. Der bekannteste unter ihnen war Rabbi Shlomo Yitzchaki (1040 – 1105), nach dem Akronym «Raschi» benannt. Heutige Standardeditionen des Talmud enthalten die «Mischna», die «Gemara», den Kommentar Raschis sowie einige weitere Analysen und Erzählungen.

Der Text des Talmud ist keineswegs monolitisch und aus einem Guss. Religionsgesetzliche Erklärungen mischen sich mit Erzählungen und ethischen Richtlinien aus mehreren Jahrhunderten. Die einzelnen Abhandlungen sind im dialektischen Stil verfasst. Thesen werden diskutiert, mit Antithesen konfrontiert und schliesslich verworfen oder weiterentwickelt. Zitate aus dem Talmud wurden und werden immer wieder für antisemitische Argumentationen herangezogen. Diese Diffamierungen beruhen zum einen auf falschen Übersetzungen und zum zweiten darauf, dass Aussagen aus dem dialektischen Zusammenhang gerissen und kontroverse Thesen zu autoritativen Talmudzitaten gemacht werden.

Siehe auch die Einträge OrthodoxTalmudjude und Thora.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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20.11.2024

Fischhof-Preis prämiert zwei Politiker:innen und eine Aktivistin

Bei der diesjährigen Verleihung des Fischhof-Preises wurden erstmals drei Persönlichkeiten gleichzeitig für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus ausgezeichnet. Die Preisträger:innen sind alt SP-Nationalrat Angelo Barrile, Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller und Theologin Nicola Neider Ammann. Im Gespräch mit Moderator David Karasek reflektierten sie über ihre Arbeit, ihre Motivation sowie ihre Sorgen und Ängste – doch auch über ihre Hoffnungen, die trotz aller Herausforderungen spürbar waren.  

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger sprach ebenfalls mit David Karasek und fragte selbstkritisch: «Bin ich vielleicht selbst antisemitisch, ohne es zu merken?» Er machte darauf aufmerksam, wie tief Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft verankert sind und wie selten diese Mechanismen hinterfragt werden. Bewegende Laudationen von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, alt SIG-Präsident Herbert Winter und alt Grünen-Nationalrätin Cécile Bühlmann würdigten die Leistungen der Preisträger:innen eindrücklich. 

Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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