Sunniten

Etwa 85 bis 90 Prozent der Muslim:as sind Sunnit:innen. Sunna heisst auf Arabisch «Tradition, Gewohnheit» und meint die Glaubens- und Lebensregeln, die der Prophet Mohammed vorgelebt hat. Diese Regeln sind im Koran und in den Hadith-Sammlungen (überlieferte Aussprüche des Propheten) festgehalten.

Die erste Spaltung des Islam in die Mehrheit der Sunnit:innen und die Minderheit der Schiit:innen hatte zunächst keine religiösen Gründe. Es ging nach dem Tode des Propheten Mohammed im Jahr 632 um die Frage, wie sein Nachfolger (Kalif) als Führer der Gläubigen bestimmt werden sollte. Die Mehrheit der Muslim:as war der Meinung, dieses Amt könne jeder Gläubige übernehmen, der von der Gemeinschaft dafür gewählt werde. So wählte die Mehrheit der Muslim:as 632 den frühen Anhänger und Schwiegervater von Mohammed, Abu Bakr, zum ersten Kalifen. Aus dieser Mehrheit entwickelte sich im Laufe der Zeit die sunnitische Hauptströmung des Islam.

Im Gegensatz dazu war eine Minderheit der Muslim:as der Meinung, Mohammed habe kurz vor seinem Tod seinen Cousin und Schwiegersohn Ali zu seinem Nachfolger bestimmt. Deshalb müsse der Kalif aus der Familie des Propheten stammen. Alis Anhänger:innen nannten sich «Partei Alis» («Shi’at Ali»), und aus diesem arabischen Wort für Partei wurde später der Name der Glaubensrichtung der Schiit:innen. Tatsächlich wurde Ali nach den Kalifen Abu Bakr (632-634), ‘Omar (634-644) und ‘Uthmân (644-656) im Jahr 656 zum vierten Kalifen gewählt. Doch bereits 661 wurde er von einem enttäuschten Anhänger ermordet. Keiner der folgenden Kalifen kam mehr aus der Familie Alis oder des Propheten. Das sunnitische Kalifat war zuletzt in Istanbul angesiedelt und wurde 1924 abgeschafft.

Nach dem Koran folgt die Mehrheit der Muslim:as auch der «Gewohnheit des Propheten» (arabisch: «sunna an-nabîy») – von «sunna» leitet sich der Begriff Sunnit:innen ab. Diese Gewohnheit oder Tradition des Propheten ist in den Hadîth-Sammlungen niedergeschrieben. Hadîthe sind Worte des Propheten oder Berichte über ihn, die durch eine Kette als zuverlässig angesehener Zeug:innen überliefert worden sind. In diesen Hadîthen finden sich Anweisungen und Grundsätze für viele Lebenssituationen. Da viele gläubige Muslim:as sich in der alltäglichen Lebensführung nach dem Vorbild des Propheten ausrichten möchten, haben diese Hadîthe einen grossen Stellenwert unter den sunnitischen Muslim:as.
Schon in den ersten Jahrhunderten haben sich auch verschiedene sunnitische Rechtsschulen herausgebildet, die die Gesetze des Korans und der Scharia weiterentwickelten.

Heute bekennen sich rund 85 Prozent der 1,3 bis 1,5 Milliarden Muslim:as weltweit zum Sunnitentum. Nur in wenigen muslimischen Staaten bildet die schiitische Glaubensrichtung die Mehrheitsreligion (Iran, Irak, Aserbaidschan und Bahrain).

Siehe auch die Einträge Schiiten, MuslimIslamKoran, SchariaImamAleviten und Ahmadiyya.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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20.11.2024

Fischhof-Preis prämiert zwei Politiker:innen und eine Aktivistin

Bei der diesjährigen Verleihung des Fischhof-Preises wurden erstmals drei Persönlichkeiten gleichzeitig für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus ausgezeichnet. Die Preisträger:innen sind alt SP-Nationalrat Angelo Barrile, Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller und Theologin Nicola Neider Ammann. Im Gespräch mit Moderator David Karasek reflektierten sie über ihre Arbeit, ihre Motivation sowie ihre Sorgen und Ängste – doch auch über ihre Hoffnungen, die trotz aller Herausforderungen spürbar waren.  

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger sprach ebenfalls mit David Karasek und fragte selbstkritisch: «Bin ich vielleicht selbst antisemitisch, ohne es zu merken?» Er machte darauf aufmerksam, wie tief Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft verankert sind und wie selten diese Mechanismen hinterfragt werden. Bewegende Laudationen von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, alt SIG-Präsident Herbert Winter und alt Grünen-Nationalrätin Cécile Bühlmann würdigten die Leistungen der Preisträger:innen eindrücklich. 

Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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