Schiiten

Die Schiit:innen sind mit rund 15 Prozent aller Muslim:as die zweitgrösste Glaubensströmung im Islam, die sich wiederum in mehrere Untergruppen aufteilt. Der Name Schiit:innen leitet sich ab aus «Shî’at ’Ali» («Partei Alis»). Ihre Anhänger:innen waren nach dem Tod des Propheten Mohammed im Jahr 632 der Meinung, sein Schwiegersohn Ali müsse Nachfolger (Kalif) und damit Führer der Gläubigen werden.

Die Schiit:innen entstanden aus dem Nachfolgestreit nach dem Tod des Propheten Mohammed im Jahr 632. Während die grosse Mehrheit der Muslim:as der Ansicht war, der Nachfolger (arabisch «khalîfah» = Kalif) müsse von der Gemeinschaft der Gläubigen gewählt werden, behauptete eine Minderheit, Mohammed habe vor seinem Tod seinen Schwiegersohn und Cousin ‘Alî ibn Abî Tâlib zum Nachfolger bestimmt. Die Anhänger:innen Alis wurden in der Folge «Shîat ’Alî» («Partei Alis») genannt. Daraus entstand dann die Bezeichnung Schiit:innen oder Schia. Die Schiit:innen waren von Anfang an der Meinung, das Amt des Kalifen dürfe nur mit einem Angehörigen der Familie des Propheten besetzt werden.

Ali wurde über zwanzig Jahre nach Mohammeds Tod zum vierten Kalifen gewählt. Doch er übte das Amt nur fünf Jahre aus (656-661) und war so angefeindet, dass er von Medina in die irakische Stadt Kufa auswich. Nach seiner Ermordung durch einen enttäuschten Anhänger wählte die Mehrheit der Muslim:as den Prophetengefährten Muâwiya zum fünften Kalifen. Alis ältester Sohn Hassan verzichtete auf das Amt. Als Muâwiya 680 starb und zuvor seinen Sohn Yazîd als Nachfolger bestimmt hatte, erhob Husain, der jüngere Sohn von Ali und der Prophetentochter Fâtima, Anspruch auf das Amt des Kalifen. Im gleichen Jahr 680 wurden Husain und 72 Angehörige von den Truppen Yazîds in der Schlacht von Kerbala ermordet. Sein Tod ist der Ursprung des ausgeprägten Märtyrer- und Passionskultes, der sich im Laufe der Zeit in der schiitischen Lehre herausgebildet hat.

Für die Schiit:innen zählten fortan nicht mehr die (sunnitischen) Kalifen, sondern ihre eigenen Imame aus der Familie des Ali. Im Unterschied zur sunnitischen Mehrheit, wo ein Imam nur der Vorbeter einer Moschee ist, sind für die Schiit:innen ihre Imame von Gott erleuchtete geistliche Führer gewesen. Nach schiitischer Zählung ist Ali der erste Imam, Hassan der zweite, Husain der dritte und die Nachkommen von Hassan und Husain die folgenden Imame. Schon hier spalteten sich die Imam-Dynastien in verschiedene Familienzweige auf, die zu regional unterschiedlichen schiitischen Traditionen führten. Man unterscheidet sie nach der Zahl ihrer Imame (bis zum Aussterben der jeweiligen Linie). Nach dem Glauben der Schiit:innen wird der jeweils letzte Imam am Jüngsten Tag als «Mahdi» wiederkehren, um der Welt die Gerechtigkeit zu bringen.

Die zahlenmässig und politisch bedeutendste schiitische Richtung sind die Zwölfer-Schiiten oder Imamiten, der im Iran (zu 95 Prozent), in Aserbaidschan (75 Prozent) und im Irak (zu etwa 60 Prozent) die Mehrheit der Bevölkerung anhängt. Im Iran ist das Schiitentum seit 1501 Staatsreligion. Die Siebner-Schiit:innen oder Ismailit:innen sind in Pakistan, Indien und Afghanistan beheimatet; ihr bekanntestes geistliches Oberhaupt ist Prinz Aga Khan, der allerdings nur der kleinen indischen Untergruppe der Nizari vorsteht. Die kleinste Gruppe sind die Fünfer-Schiiten oder Zaiditen im Norden des Jemen.

Von radikalen Sunnit:innen werden die Schiit:innen zum Teil als Ketzer:innen verschrien und verfolgt. Besonders in Pakistan und Afghanistan kommt es immer wieder zu blutigen Anschlägen gegen sie.

Siehe auch die Einträge SunnitenIslamMuslimKoranImamAleviten und Ahmadiyya.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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24.03.2025

Lesung und Gespräch zu «Gojnormativität. Warum wir anders über Antisemitismus sprechen müssen.»

Am 8. Mai 2025 sprechen Judith Coffey und Vivien Laumann im Zollhaus Zürich über ihr Buch «Gojnormativität. Warum wir anders über Antisemitismus sprechen müssen».

Im Buch loten die Autorinnen das Verhältnis von Jüdischsein und weiss-Sein aus und gehen der spezifischen Unsichtbarkeit von Juden:Jüdinnen in der Mehrheitsgesellschaft nach. In Anlehnung an das Konzept der Heteronormativität erlaubt «Gojnormativität», Dominanzverhältnisse in der Gesellschaft zu befragen und so ein anderes Sprechen über Antisemitismus zu etablieren.

Das Buch ist eine Aufforderung zu einem bedingungslosen Einbeziehen von Juden:Jüdinnen in intersektionale Diskurse und Politiken und zugleich ein engagiertes Plädoyer für solidarische Bündnisse und Allianzen.

Wann: 8. Mai 2025 um 19:00 Uhr
Wo: Zollhaus Zürich / online mit Livestream
Sprache: Deutsch und Verdolmetschung in Gebärdensprache (auf Anfrage)
Moderation: Prof. Dr. Amir Dziri
In Kooperation mit: ZIID und feministisch*komplex

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