Protokolle der Weisen von Zion

Weitere Begriffe zum Thema Verschwörungstheorien:

Die Protokolle der Weisen von Zion sind seit 1903 der am weitesten verbreitete Text des Antisemitismus. Als fiktives «Dokument» sollen sie eine jüdische Verschwörung zur Beherrschung der Welt, im Verbund mit der internationalen Freimaurerei belegen.

Erstmals erschienen die Protokolle der Weisen von Zion 1903 in Russland; 1905 wurden sie von dem religiösen Schriftsteller Sergej Nilus in jener Fassung herausgegeben, die schliesslich weltweit verbreitet, in alle wichtigen Sprachen übersetzt und zum wirkungsvollsten Mittel antisemitischer Hetze werden sollte. Die Autor:innen der Protokolle wurden bisher in Kreisen des russischen Geheimdienstes vermutet, es gibt jedoch keine gesicherten Belege für diese These. Die Urheber:innen des Machwerkes sind nach wie vor unbekannt. Inhaltlich handelt es sich bei den Protokollen um eine Rede, in der Anleitungen zur Beherrschung der Welt vorgebracht werden. Die Inhalte sind teilweise eine Zusammenstellung aus literarischen und publizistischen Schriften des 19. Jahrhunderts, darunter vor allem die 1864 erschienene Politsatire «Dialogue aux Enfers entre Montesquieu et Machiavel» von Maurice Joly sowie eine Szene aus dem 1868 in Berlin erschienenen Roman «Biarritz» von Herrmann Goedsche (Pseudonym Sir John Retcliffe). Sergej Nilus behauptete, Theodor Herzl (1860-1904) habe die Protokolle am Ersten Zionistenkongress 1897 in Basel vorgetragen. Andere antisemitische Autor:innen schrieben das Pamphlet dem Schriftsteller Ascher Ginsberg («Achad Ha’am», 1856-1927) zu.

Nach dem 1. Weltkrieg erfolgte eine explosionsartige Verbreitung der rund 80 Seiten umfassenden Schrift; sie erschien in zahlreichen Fassungen, unter verschiedenen Titeln in massenhaften Auflagen in allen europäischen Sprachen und wurde von vielen Menschen als authentisches Dokument wahrgenommen. Von Hitler und der NS-Propaganda wurden die Protokolle genutzt, um zu «beweisen», dass die Jud:innen die Vernichtung Deutschlands und der Welt planten. Der spätere NS-Chefideologe Alfred Rosenberg versah die Protokolle mit einem Kommentar und gab sie bereits 1923 heraus. Zwanzig Jahre später notierte der Propagandaminister Goebbels (am 13. März 1943): «…. Ich studiere noch einmal eingehend die Zionistischen Protokolle. Bisher war mir immer entgegengehalten worden, sie eigneten sich nicht für die aktuelle Propaganda. Ich stelle bei meiner Lektüre fest, dass wir sie sehr wohl gebrauchen können».

Es gab schon seit der ersten Publikation in Russland viele Autor:innen, welche die Protokolle als Fälschung oder Fiktion entlarvten und bekämpften. In der Schweiz gab Johann Baptist Rusch die Protokolle 1921 heraus, änderte aber seine Haltung und publizierte 1933 die Schrift «Protokolle der Weisen von Zion – die grösste Fälschung des Jahrhunderts!» Schon 1927 hatte Carl Albert Loosli sie in seinem Buch «Die schlimmen Juden» als Hetze entlarvt. In einem vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) angestrengten und weltweit beachteten Prozess vor dem Amtsgericht Bern (1933-1935) wurde die Schrift als «Schundliteratur» verurteilt; 1937 kassierte das Obergericht dieses Urteil, weil nur Pornografisches unter die Kategorie Schundliteratur gezählt werden könne.

In arabischen und islamischen Ländern werden die Protokolle in vielen Bearbeitungen – als Publikationen und Fernsehproduktionen – seit den 1970er Jahren als Propagandamittel gegen den Zionismus verwendet. Sowohl islamistische wie rechtsextreme Gruppierungen berufen sich auf das Machwerk. Seit Mitte der 1990er Jahre sind die Protokolle auch in orthodox-fundamentalistischen und in nationalistischen Kreisen Russlands weit verbreitet. Im Internet gibt es heute Tausende von Websites, die den Inhalt bekannt machen.

Siehe auch die Einträge Weltjudentum/Jüdische Weltverschwörung und Freimaurer.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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20.11.2024

Fischhof-Preis prämiert zwei Politiker:innen und eine Aktivistin

Bei der diesjährigen Verleihung des Fischhof-Preises wurden erstmals drei Persönlichkeiten gleichzeitig für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus ausgezeichnet. Die Preisträger:innen sind alt SP-Nationalrat Angelo Barrile, Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller und Theologin Nicola Neider Ammann. Im Gespräch mit Moderator David Karasek reflektierten sie über ihre Arbeit, ihre Motivation sowie ihre Sorgen und Ängste – doch auch über ihre Hoffnungen, die trotz aller Herausforderungen spürbar waren.  

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger sprach ebenfalls mit David Karasek und fragte selbstkritisch: «Bin ich vielleicht selbst antisemitisch, ohne es zu merken?» Er machte darauf aufmerksam, wie tief Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft verankert sind und wie selten diese Mechanismen hinterfragt werden. Bewegende Laudationen von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, alt SIG-Präsident Herbert Winter und alt Grünen-Nationalrätin Cécile Bühlmann würdigten die Leistungen der Preisträger:innen eindrücklich. 

Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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