Neonazi / Neofaschist

Als Neofaschist:innen bzw. Neonazis werden Personen und ihre Vereinigungen bezeichnet, die nach 1945 ideologische Positionen und Ziele der verbotenen faschistischen Partei Italiens bzw. der deutschen Nationalsozialist:innen übernommen haben. Die Bezeichnung wird in politischen Auseinandersetzungen als Schimpfwort gebraucht und oft nach unscharfen Kriterien auf rechte und rechtsextreme Gruppierungen angewandt.

Trotz der Vorsilbe Neo- (griechisch für neu) wurden in Italien wie in Deutschland die wichtigsten rechtsextremen Gruppierungen nach dem Zweiten Weltkrieg von Altfaschist:innen und Altnazis gegründet. Wie Faschismus im Sprachgebrauch ein Oberbegriff geworden ist, kann auch Neofaschismus als Sammelbegriff für alle modernen Strömungen mit faschistischen und nationalsozialistischen Inhalten verwendet werden.

In Italien trat der Movimento Sociale Italiano (MSI) bereits Ende 1946 das geistige Erbe von Mussolinis Partito Nazionale Fascista (PNF) an. Der MSI blieb eine kleine, aber lautstarke Partei; später splitterten sich von ihm andere rechtsextreme Gruppen ab wie der terroristische Ordine Nuovo und die Avanguardia Nazionale. Unter Gianfranco Fini, der 1991 Vorsitzender wurde, bewegte sich der MSI langsam vom faschistischen Erbe weg. 1995 kam es zu einer Neugründung unter dem Namen Alleanza Nazionale (AN) als konservativ-nationale Partei. Die AN unterstützte Berlusconi und gelangte auf diesem Weg erstmals zur Mitverantwortung in der Regierung. Der AN-Vorsitzende Fini wurde 2004 italienischer Aussenminister. Im April 2008 übernahm Fini das Amt des Präsidenten der italienischen Abgeordnetenkammer.

Auch in Deutschland gab es nach dem Krieg einige rechtsradikale Parteien, die aber bald verboten wurden oder von selbst in der Bedeutungslosigkeit verschwanden. Erst 1964, mit der Gründung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), gelang es einer Partei, sich mit rechtsextremem Gedankengut dauerhaft zu etablieren. 1971 gründete der Münchner Verleger Gerhard Frey die Deutsche Volksunion (DVU), die er bis 2009 leitete. 1983 kamen die Republikaner hinzu. Alle drei Parteien haben ein fremdenfeindlich-nationalistisches Programm und streben einen autoritären Staat an. Viele – vor allem junge – Parteimitglieder verherrlichen die Zeit des Dritten Reiches. Während die Republikaner kaum mehr Einfluss haben, sind die NPD und die DVU in Gebieten der ehemaligen DDR spürbar präsent, weil sie erfolgreich die Frustration von Personen ausnützen, die das Gefühl haben, bei der Wiedervereinigung Deutschlands zu kurz gekommen zu sein.

Neonazis und Neofaschist:innen haben sich zum Teil in der Skinheadszene organisiert. Sie propagieren den Vorrang der weissen Rasse und die Gewalt gegen Ausländer:innen, Jud:innen, Linke, Homosexuelle und andere Minderheiten.  Einige Gruppierungen bekennen sich mit ihren Namen zum Nationalsozialismus, so «Blood and Honour» (nach dem Wahlspruch der Hitlerjugend «Blut und Ehre»), «Combat 18» (Buchstabe 1: A, Buchstabe 8: H – die Initialen von Adolf Hitler) und die Hammerskins. Auch bei den Ultras der Hooliganszene gibt es Verbindungen zu Neofaschist:innen und Neonazis.

Siehe auch die Stichworte Faschismus und Nationalsozialismus.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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20.11.2024

Fischhof-Preis prämiert zwei Politiker:innen und eine Aktivistin

Bei der diesjährigen Verleihung des Fischhof-Preises wurden erstmals drei Persönlichkeiten gleichzeitig für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus ausgezeichnet. Die Preisträger:innen sind alt SP-Nationalrat Angelo Barrile, Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller und Theologin Nicola Neider Ammann. Im Gespräch mit Moderator David Karasek reflektierten sie über ihre Arbeit, ihre Motivation sowie ihre Sorgen und Ängste – doch auch über ihre Hoffnungen, die trotz aller Herausforderungen spürbar waren.  

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger sprach ebenfalls mit David Karasek und fragte selbstkritisch: «Bin ich vielleicht selbst antisemitisch, ohne es zu merken?» Er machte darauf aufmerksam, wie tief Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft verankert sind und wie selten diese Mechanismen hinterfragt werden. Bewegende Laudationen von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, alt SIG-Präsident Herbert Winter und alt Grünen-Nationalrätin Cécile Bühlmann würdigten die Leistungen der Preisträger:innen eindrücklich. 

Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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