Mein Kampf

In «Mein Kampf» hat Adolf Hitler einerseits seine idealisierende Biografie und anderseits sein politisches Programm niedergeschrieben. Der erste Band erschien Mitte 1925, der zweite Ende 1926 – zu einer Zeit, da die NSDAP noch eine kleine rechtsextreme Splitterpartei war. Nach der Machtergreifung 1933 wurde «Mein Kampf» zur Pflichtlektüre. Bis 1943 erreichte die Gesamtauflage 10,6 Millionen Exemplare.

Adolf Hitler schrieb den ersten Band von «Mein Kampf» 1924 als Vorzugshäftling in der bayrischen Festung Landsberg am Lech. Wegen seines am 9. November 1923 in München gescheiterten Putschversuchs war Hitler zu einer Festungshaft von 5 Jahren verurteilt worden – eine sehr milde Strafe angesichts der Tatsache, dass beim Hitler-Putsch 20 Menschen umgekommen waren (16 NSDAP-Anhänger und 4 Polizisten). Von der Strafe musste er nur 10 Monate absitzen. In dieser Zeit schrieb und diktierte er den ersten Teil von «Mein Kampf». Dieser erschien im Juli 1925 im Verlag Franz Eher Nachfolger, der seit 1920 im Besitz der NSDAP war. Der zweite Band erschien im Dezember 1926, mit der Jahreszahl 1927 im Copyright-Vermerk (deshalb wird allgemein 1927 als Erscheinungsjahr angegeben).

Der erste Band trägt den Untertitel «Eine Abrechnung», der zweite «Die nationalsozialistische Bewegung». Hitler beginnt mit seiner Kindheit in Braunau am Inn und schildert seinen Widerstand gegen die Pläne des Vaters, ihn zum Beamten werden zu lassen, denn er fühlte die Berufung zum Künstler. Schon im zweiten Kapitel, «Wiener Lehr- und Leidensjahre», kommt Hitler über die Sozialdemokratie zum Kern seiner Ideologie, dem rabiaten Antisemitismus: «Indem ich den Juden als Führer der Sozialdemokratie erkannte, begann es mir wie Schuppen von den Augen zu fallen. Ein langer innerer Seelenkampf fand damit seinen Abschluss» (S. 64 der einbändigen Volksausgabe). Der Krieg und die sozialistischen Revolutionsversuche 1918 radikalisierten Hitlers Ansichten: «Mit dem Juden gibt es kein Paktieren, sondern nur das harte Entweder-Oder. Ich aber beschloss, Politiker zu werden» (a.a.O., S. 225). Die Entwicklung, die Auseinandersetzungen und das Programm der NSDAP ab 1920 sind das Thema des zweiten Bandes. In «Mein Kampf» spricht Hitler bereits Jahre vor der Machtergreifung seine wesentlichen Ziele aus: Verfolgung der Jud:innen als «unser Kampf gegen den Weltfeind» (a.a.O., S. 725), Anschluss Österreichs an Deutschland (bereits auf den ersten Seiten gefordert), germanischer Führerstaat statt parlamentarischer Demokratie (a.a.O, S. 502, 661)  und die Eroberung Russlands: «Wollte man in Europa Grund und Boden, dann konnte dies im grossen und ganzen nur auf Kosten Russlands geschehen, dann musste sich das neue Reich wieder auf die Strasse der einstigen Ordensritter in Marsch setzen, um mit dem deutschen Schwert dem deutschen Pflug die Scholle, der Nation aber das tägliche Brot zu geben» (a.a.O., S. 154).

Bereits vor der Machtergreifung der NSDAP am 30. Januar 1933 betrug die Auflage von «Mein Kampf» über 300’000 Exemplare. Fast 90 Prozent davon entfielen auf die 1930 erstmals erschienene, einbändige Volksausgabe, die mit 8 Reichsmark günstig und im Bibelformat auch mit gut 800 Seiten handlich war. Ein detailliertes Stichwortverzeichnis von 19 Seiten am Anfang des Buches erleichterte das Nachschlagen von Hitlers Aussagen zu einzelnen Themen. Das half auch solchen Parteimitgliedern, die Mühe hatten mit Hitlers oft verschachtelten und langfädigen Sätzen. Nach der Machtergreifung wurde «Mein Kampf» zum Pflichtbesitz für deutsche Haushalte. Das Verbot, «Mein Kampf» antiquarisch zu handeln, trieb die Auflage zusätzlich hoch (bis Ende 1943 erreichte sie 10’640’000 Exemplare).
Der Neudruck des Buches war nach dem Krieg und bis zum 1. Januar 2016 in Deutschland gemäss Urheberrecht unzulässig. Ab 1946 war der Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayrische Finanzministerium, Inhaber der Urheberrechte. Es untersagte jeglichen Nachdruck und ging im In- und Ausland gegen Urheberrechtsverletzungen vor.
Die Urheberrechte endeten mit dem 31. Dezember 2015 nach Ablauf der Regelschutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod Hitlers. Das Bayrische Finanzministerium vertritt die Auffassung, dass ein Nachdruck auch nach Erlöschen des Urheberrechts als Verbreitung verfassungsfeindlicher Propaganda sowie als Volksverhetzung strafbar sei.
Trotzdem ist am 8. Januar 2016 eine von Historiker:innen kommentierte Fassung als zweibändiges Werk mit einer Erstauflage von 4000 Stück erschienen. Die Erstauflage war sofort vergriffen, bis zum Erscheinungstag lagen 15000 Vorbestellungen vor.

Siehe auch die Einträge NationalsozialismusFührer/Duce und Antisemitismus.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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20.11.2024

Fischhof-Preis prämiert zwei Politiker:innen und eine Aktivistin

Bei der diesjährigen Verleihung des Fischhof-Preises wurden erstmals drei Persönlichkeiten gleichzeitig für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus ausgezeichnet. Die Preisträger:innen sind alt SP-Nationalrat Angelo Barrile, Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller und Theologin Nicola Neider Ammann. Im Gespräch mit Moderator David Karasek reflektierten sie über ihre Arbeit, ihre Motivation sowie ihre Sorgen und Ängste – doch auch über ihre Hoffnungen, die trotz aller Herausforderungen spürbar waren.  

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger sprach ebenfalls mit David Karasek und fragte selbstkritisch: «Bin ich vielleicht selbst antisemitisch, ohne es zu merken?» Er machte darauf aufmerksam, wie tief Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft verankert sind und wie selten diese Mechanismen hinterfragt werden. Bewegende Laudationen von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, alt SIG-Präsident Herbert Winter und alt Grünen-Nationalrätin Cécile Bühlmann würdigten die Leistungen der Preisträger:innen eindrücklich. 

Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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