Judensau

Bei der «Judensau» handelt es sich um eine antisemitische Darstellung. Die ältesten dieser Abbildungen datieren bis ins Mittelalter zurück. Die Schmähbilder zeigen meist ein Schwein, auf dem Jud:innen reiten oder sich wie Ferkel nähren.

Jud:innen sind darauf an ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Kleidung – dem spitzen Hut oder dem Gelben Ring – zu erkennen. Diese Darstellungen greifen verschiedene religiöse und kulturelle Vorstellungen auf, um Jud:innen zu diskriminieren, sie von der Gesellschaft auszuschliessen. Im Mittelalter verkörperte das Schwein Mass- und Zügellosigkeit und stand für Sünder:innen und Unreine. Im Judentum ist das Schwein ein unreines Tier, von dem sich Jud:innen fernhalten sollten. Zudem gilt das Schwein in der christlichen Ikonografie als Sinnbild des Teufels.

In Europa gab es 48 «Judensau»-Darstellungen in plastischer Form, welche sich grösstenteils in und an Kirchen oder Rathäusern befanden. Die meisten davon fanden sich in Deutschland. Noch immer existieren ungefähr 30 im süddeutschen Raum. Die älteste «Judensau» ist jene im Kreuzgang der Kathedrale von Brandenburg, die um 1230 entstanden ist und heute noch existiert. In der Schweiz fand sich einzig am Chorgestühl des Basler Münsters eine «Judensau»-Schnitzerei. Angebracht wurde sie um das Jahr 1432. Das Original wurde zerstört (die genauen Umstände sind nicht bekannt) und eine Replika wurde erst 1996 vom Gemeindepfarrer entfernt. Die Schnitzerei befindet sich nun im Jüdischen Museum der Schweiz.

Mit der Erfindung des Buchdrucks fand das «Judensau»-Motiv grosse Verbreitung in Druckwerken und Flugblättern. Die Nationalsozialist:innen griffen das Motiv zu Propagandazwecken anfangs des 20. Jahrhunderts wieder auf.

Der Umgang mit «Judensau»-Darstellungen ist umstritten. Einerseits soll ein historisches Zeitzeugnis bewahrt werden, andererseits bleiben sie diskriminierende Artefakte. An manchen Orten wurde eine Lösung in Form einer Erklärungstafel gefunden.

Wer in der Schweiz jemanden mit «Judensau», «Saujude »oder «Judenschwein» beschimpft, macht sich laut Art. 261bis StGB strafbar.

 

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2019, unter Mitarbeit von Nina Meyer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Zentrums für Jüdische Studien in Basel.

Weiterführende Literaturhinweise:
JASMIN WAIBL-STOCKNER, «Die Juden sind unser Unglück»: Antisemitische Verschwörungstheorien und ihre Verankerung in Politik und Gesellschaft. Lit Verlag, Wien, 2009. S. 238.

AXEL TÖLLNER: Judensau. In: WOLFGANG BENZ, BRIGITTE MIHOK (Hrsg.): Handbuch des Antisemi-tismus, Band 3: Begriffe, Theorien, Ideologien. Walter de Gruyter, Berlin, 2010. S. 159

EIDGENÖSSISCHE KOMMISSION GEGEN RASSISMUS: http://www.ekr.admin.ch/dienstleistungen/d524/2007-026N.html (zuletzt aufgerufen: 25.09.2019)

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Fischhof-Preis prämiert zwei Politiker:innen und eine Aktivistin

Bei der diesjährigen Verleihung des Fischhof-Preises wurden erstmals drei Persönlichkeiten gleichzeitig für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus ausgezeichnet. Die Preisträger:innen sind alt SP-Nationalrat Angelo Barrile, Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller und Theologin Nicola Neider Ammann. Im Gespräch mit Moderator David Karasek reflektierten sie über ihre Arbeit, ihre Motivation sowie ihre Sorgen und Ängste – doch auch über ihre Hoffnungen, die trotz aller Herausforderungen spürbar waren.  

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger sprach ebenfalls mit David Karasek und fragte selbstkritisch: «Bin ich vielleicht selbst antisemitisch, ohne es zu merken?» Er machte darauf aufmerksam, wie tief Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft verankert sind und wie selten diese Mechanismen hinterfragt werden. Bewegende Laudationen von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, alt SIG-Präsident Herbert Winter und alt Grünen-Nationalrätin Cécile Bühlmann würdigten die Leistungen der Preisträger:innen eindrücklich. 

Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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