Jude

Weitere Begriffe zum Thema Judentum:

Jud:innen heissen Personen, die sich zur jüdischen Religion, Kultur oder Geschichte bekennen, und/oder sich auf eine gemeinsame Herkunft und Abstammung berufen.

Der Begriff Jud:in ist vom Namen Judah, dem vierten Sohn Jakobs und dem Stammvater eines der zwölf israelitischen Stämme hergeleitet. Nach dem Tod Salomons zerfiel das biblische Reich Israel in ein Südreich «Judah», in dem laut Überlieferung die Stämme Judah und Benjamin siedelten, und ein Nordreich «Israel», dem Siedlungsgebiet der andern zehn Stämme. Die Bewohner:innen des Südreiches wurden Judäer:innen (Hebräisch: «Jehudim») genannt. Eine erste negative Konnotation erfuhr der Name Judah in den Evangelien: Judas Iscariot, einer der zwölf Apostel Jesu, soll nach der Überlieferung des Neuen Testamentes Jesus an die Römer:innen verraten haben; im Lukas-Evangelium wird er mit dem Teufel in Verbindung gebracht (Lk. 22:3). In der Folge verstärkte sich im christlichen Raum die pejorative Bedeutung des Begriffes Jud:in. Der Antisemitismus des 19. Jahrhunderts machte das Wort zum Schimpfwort. Im Zuge der Emanzipation und Assimilation begannen Jud:innen in Westeuropa die Bezeichnung Jud:innen durch andere Ausdrücke zu ersetzen («Israelit:innen», «Hebräer:innen», «Bekenner:innen des mosaischen Glaubens»). Nach dem Schrecken der Shoah und mit dem erstarkten jüdischen Selbstbewusstsein ist die Bezeichnung Jud:in in jüdischen Kreisen jedoch wieder selbstverständlich. Von nicht-jüdischer Seite ist manchmal ein gewisses Widerstreben zu erkennen, jemanden als Jud:in zu bezeichnen, weshalb die besagte Person dann – vermeintlich abgeschwächt – als „jüdischer Abstammung“ bezeichnet wird. Auf unbewusster Ebene ist das Gefühl, Jud:in sei ein Schimpfwort, zuweilen immer noch vorhanden. In solchen Fällen sollte das Vorhandensein dieses Gefühls und nicht die Verwendung der Bezeichnung Jud:in hinterfragt werden.

Nach der orthodoxen Auslegung des jüdischen Religionsgesetzes («Halacha») gilt jede Person, die von einer jüdischen Mutter geboren wurde oder nach orthodoxem Ritus zum Judentum übergetreten ist, als Jud:in. Diese Definition wurde in der jüdischen Gesellschaft bis in die Moderne kaum hinterfragt. Seither haben zunehmende interkonfessionelle Eheschliessungen und die Entstehung liberalerer religiöser Strömungen («Konservatives Judentum», «Reformjudentum», «liberales Judentum») im 19. Jahrhundert ein Nachdenken über die Zugehörigkeit zum Judentum und damit zusammenhängende kontroverse Diskussionen ausgelöst. Während in der jüdischen Orthodoxie weiterhin die Richtlinien der «Halacha» gelten, werden in Reformgemeinden auch Kinder eines jüdischen Vaters und einer nichtjüdischen Mutter als Jud:innen anerkannt. Das nach der Staatsgründung formulierte israelische Rückkehrgesetz gewährt allen nach Israel immigrierenden jüdischen Männern und Frauen, sowie ihren Kindern, Ehegatten und Enkeln (unabhängig davon, ob diese nach halachischem Gesetz als Juden gelten) die israelische Staatsbürgerschaft. Kinder aus interkonfessionellen Ehen mit einem:er jüdischen Partner:in und einem:er nichtjüdischen Partner:in sowie von liberalen oder konservativen Rabbiner:innen zum Judentum Konvertierte werden vom israelischen Rückkehrgesetz als Jud:innen behandelt – nicht aber vom orthodox geführten israelischen Oberrabbinat.

Heute fühlt sich eine wachsende Zahl von Jud:innen zwar dem Judentum verbunden, definiert diese Verbundenheit aber nicht in erster Linie aufgrund religiöser, sondern aufgrund kultureller, historischer oder nationaler Zugehörigkeit. Weltweit gibt es rund 13 Millionen Jud:innen, 5 Millionen von ihnen leben in Israel, 5.7 Millionen in den USA und rund 20’000 in der Schweiz.

Siehe auch die Einträge israelitisch und Schweizer Juden.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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20.11.2024

Fischhof-Preis prämiert zwei Politiker:innen und eine Aktivistin

Bei der diesjährigen Verleihung des Fischhof-Preises wurden erstmals drei Persönlichkeiten gleichzeitig für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus ausgezeichnet. Die Preisträger:innen sind alt SP-Nationalrat Angelo Barrile, Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller und Theologin Nicola Neider Ammann. Im Gespräch mit Moderator David Karasek reflektierten sie über ihre Arbeit, ihre Motivation sowie ihre Sorgen und Ängste – doch auch über ihre Hoffnungen, die trotz aller Herausforderungen spürbar waren.  

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger sprach ebenfalls mit David Karasek und fragte selbstkritisch: «Bin ich vielleicht selbst antisemitisch, ohne es zu merken?» Er machte darauf aufmerksam, wie tief Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft verankert sind und wie selten diese Mechanismen hinterfragt werden. Bewegende Laudationen von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, alt SIG-Präsident Herbert Winter und alt Grünen-Nationalrätin Cécile Bühlmann würdigten die Leistungen der Preisträger:innen eindrücklich. 

Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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