Indianer

Weitere Begriffe zum Thema Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten:

Der Begriff «Indianer» ist eine Fremd- und Sammelbezeichnung für die indigenen Völker Amerikas. Die aus der Kolonialzeit stammende verallgemeinernde Fremdbezeichnung wird von den Betroffenen abgelehnt, daher sollten alternative zusammenfassende Begriffe wie Indigenas, Native Americans oder First Nations verwendet oder einzelne Stämme benannt werden.

Die Bezeichnung «Indianer» geht auf den Irrtum von Christoph Kolumbus zurück, als er 1492 den amerikanischen Kontinent erreichte, jedoch glaubte in Indien angekommen zu sein. Obwohl dieser Irrtum 1502 endgültig durch den Entdecker und Seefahrer Amerigo Vespucci aufgeklärt wurde, wurde die verallgemeinernde Bezeichnung der Bewohner:innen der neu entdeckten Gebiete beibehalten.

Bis zum Eintreffen der Europäer:innen auf dem damals neu entdeckten Kontinent sah die indigene Bevölkerung keinen Anlass, einen übergreifenden Begriff für sich zu bilden. Die Eigenbezeichnungen vieler Gemeinschaften waren zur damaligen Zeit häufig gleichbedeutend mit «Mensch». Der Historiker Robert F. Berkhofer Jr. zeigt in seinen Schriften auf, dass die Idee eines Volkes, der «Indianer», als Einheit von Christoph Kolumbus stammte und nicht der Realität entsprach. Archäologische Funde und neueste Forschungen zeigen, dass es sich bei der indigenen Bevölkerung im 15. Jahrhundert um etwa zweitausend unterschiedliche Stämme handelte, die jeweils über eine eigene Kultur und Sprache verfügten.  Diese waren jedoch nicht gänzlich voneinander abgesondert, sondern unterhielten Verbindungen untereinander, darunter zum Handel, Austausch von Arbeitskräften und Verheiratung.

Entsprechend ihrer Vielfalt sahen indigene Völker die ihnen bekannte Welt nur selten als eine Einheit. Die Europäer:innen machten sich bei ihrer Ankunft und in der darauffolgenden Zeit nicht die Mühe, die Religion, Politik oder Gesellschaft der indigen Völker zu verstehen, sie betrachteten diese nur als «Wilde» oder «Heiden». Es folgten aggressive Missionierungsversuche der christlichen Kirchen und eine Verdrängung der heimischen Bevölkerung durch Massen an Siedler:innen, die auf den Kontinent strömten.

Es kam zu zahlreichen blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Siedler:innen und der einheimischen Bevölkerung. Um die Flut an Siedler:innen zu bewältigen, verabschiedete der Kongress der jungen Vereinigten Staaten von Amerika 1830 das sogenannte «Indian Removal Act». Über 100.000 Indigene wurden mit militärischer Gewalt aus ihrer Heimat im Osten und Süden des Kontinents vertrieben und in Reservate geschickt, wo eine erzwungene Umerziehung der Ureinwohner:innen vollzogen wurde. Indigenen Kindern wurden in speziellen Internaten europäische Wertvorstellungen anerzogen, die eigene Kultur der Kinder wurde hierbei ignoriert.

Um die immer wieder aufkeimenden Konflikte zwischen den Siedler:innen und der indigenen Völker zu beenden, löste die damalige US-Regierung ab 1880 den gemeinschaftlichen Landbesitz der Stämme auf und verteilte das Land an einzelne indigene Familien. Bei dieser Umverteilung fielen weitläufige Gebiete jedoch den Siedler:innen zu.

Erst nachdem indigene Soldat:innen im Ersten Weltkrieg auf Seiten der USA gekämpt hatten, gestand die US-Regierung 1924 der indigenen Bevölkerung die US-Staatsbürgerschaft zu. Zehn Jahre später wurde im sogenannten «Indian Reorganisation Act» der einheimischen Bevölkerung das Recht auf Ausübung der eigenen Kultur zugesprochen. Trotz dieser Entwicklungen versuchte die US-Regierung die Rechte der indigenen Völker zu beschneiden, wann immer wirtschaftliche Interessen im Raum standen. Aus diesem Grund entstand 1968 die erste indigene politische Organisation «American Indian Movement», die die Probleme der indigenen Völker in die Öffentlichkeit zu tragen versucht. Heute stellt die indigene Bevölkerung nur noch eine Minderheit dar.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2022, unter Mitarbeit von Dr. phil. Darja Pisetzki, ehem. Projektmitarbeiterin der GRA.

Weiterführende Literaturhinweise:

Kathryn W. Shanley: American Indian Quarterly, University of Nebraska Press, 1997, Vol. 21, No. 4, S. 675-702.

Alfred A. Cave: Abuse of Power. Andrew Jackson and the Indian Removal Act of 1830, The Historian, Taylor & Francis, Ltd., 2003, Vol. 65, No. 6, S. 1330-1353.

Neal Salisbury: The Indians‘ Old World. Native Americans and the Coming of Europeans, The William and Mary Quarterly, Omohundro Institute of Early American History and Culture, 1996, Vol. 53, No. 3, S. 435-458.

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Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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