Abstimmung über die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm
21.01.2020

Am 9. Februar wird das Schweizer Stimmvolk über die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm abstimmen. Neu soll auch der Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung Eingang in Art. 261bis StGB finden. Heute schützt das Strafrecht die Menschen in der Schweiz vor Diskriminierung aufgrund der Rasse, der Religion oder der Ethnie. Bundesrat und Parlament wollen nun die Anti-Rassismus-Strafnorm stärken und verbieten, Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren. Wer deswegen zu Hass aufruft oder Propaganda verbreitet, soll ebenfalls bestraft werden können. Solche Handlungen werden dann bestraft, wenn sie in der Öffentlichkeit verübt werden, wenn sie Menschen absichtlich herabsetzen und wenn sie gegen die Menschenwürde verstossen.

Laut Referendumskomitee würde die neue Regelung die Meinungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger einschränken und der Zensur Auftrieb geben. Stimmt dies?

Mit der durch das Stimmvolk angenommenen und 1995 eingeführten Rassismus-Strafnorm wurde eine Schutzmassnahme vor Diskriminierung geschaffen. Über die Jahre hat sich in der Schweiz dabei eine äusserst restriktive Rechtsprechung entwickelt; auch heute findet die Strafnorm nur in engem Rahmen Anwendung: Diskriminierendes Verhalten ist nur dann strafbar, wenn es die Menschenwürde verletzt und herabwürdigt. Das ist der Fall, wenn gewissen Personen grundlegende Rechte abgesprochen oder sie als minderwertig bezeichnet oder behandelt werden. Die Gerichte messen der Meinungsäusserungsfreiheit folglich grosses Gewicht bei und wenden die Anti-Rassismus-Strafnorm zurückhaltend an.

Sachliche Meinungsäusserungen bleiben also weiterhin möglich, sogar dann, wenn sie provokativ oder übertrieben formuliert sind. Denn in einer Demokratie soll Kritik erlaubt sein, namentlich in politischen Diskussionen. Ebenso können religiöse Ansichten geäussert und verschiedene Wertvorstellungen thematisiert werden. Selbst provokative Bemerkungen, Karikaturen und Witze sind nicht diskriminierend und werden aufgrund der erweiterten Strafnorm nicht bestraft – solange sie die Menschenwürde nicht verletzen. Verboten ist lediglich, was den Kern der Menschenwürde grob verletzt. Strafbar sind einzig Aufrufe zu Hass, Diskriminierung und die Herabsetzung von Personen oder Personengruppen.

Zudem sind in unserer Rechtsordnung Einschränkungen der Meinungsäusserungsfreiheit nicht nur üblich, sie gehen zu einem erheblichen Teil auch deutlich weiter als diejenigen von Art. 261bis StGB.

Die Menschenwürde ist ein fundamentaler Wert unserer Gesellschaft. Die Demokratie lebt vom respektvollen und würdevollen Umgang der Menschen miteinander. Diskriminierung und öffentlich formulierter Hass gefährden das friedliche Zusammenleben und haben in einer freiheitlichen und toleranten Gesellschaft keinen Platz.

Die Meinungsfreiheit bleibt somit gewahrt: Es ist und bleibt weiterhin möglich, kritische Meinungen zu äussern und sachliche öffentliche Diskussionen und Debatten zu führen. Ein Urteil wegen eines Verstosses gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm wird nicht leichtfertig ausgesprochen.

Aus all diesen Gründen unterstützen die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz die Erweiterung von Artikel 261bis StGB und empfehlen ein «Ja!» zum Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.

 

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Ein Ausschnitt aus dem Flyer des Programms der Ringvorlesung. Darauf zu sehe ist das Logo der Universität Zürich sowie der Titel der Ringvorlesung: Antisemitismus.
05.09.2024

Ringvorlesung «Antisemitismus» der Sigi Feigel-Gastprofessur für Jüdische Studien

Wann: Jeweils montags zwischen 18.15 bis 19.45 Uhr
Daten: 23.09./14.10./28.10/04.11/18.11./2.12./16.12.
Ort: Universität Zürich, Rämistrasse 71, Raum: KOH-B-10

Seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat der Begriff des Antisemitismus in öffentlichen Debatten wieder hörbar Eingang gefunden. Doch wird nicht nur mit Blick auf dieses Ereignis und seine Folgen über Antisemitismus diskutiert. Jüdische Menschen in der ganzen Welt sind seit dem Herbst 2023 vermehrt antisemitischen Anfeindungen in allen Formen ausgesetzt. Während Jüdinnen und Juden auf diese Weise unmittelbar von Antisemitismus betroffen sind, werden andere im öffentlichen Diskurs wiederum als antisemitisch bezeichnet, wenn sie beispielsweise eine «israelkritische» Stellung zur Lage in Nahost beziehen.

Antisemitismus ist kein neues Phänomen. Der Hass gegen jüdische Menschen blickt auf eine lange (Leidens-)Geschichte zurück, die nun wieder aktuell geworden ist. Die Ringvorlesung analysiert Begriff, Geschichte und Ausdrucksformen des Antisemitismus und lässt Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Gesellschaft zu Wort kommen, die historische Hintergründe, psychologische und rechtliche Dimensionen, ideologische und politische Erscheinungen sowie persönliche Erfahrungen vorstellen.

Die Ringvorlesung wird in Kooperation mit der Gamaraal Foundation veranstaltet (www.last-swiss-holocaust-survivors.ch).

Der Eintritt ist frei.

Weitere Informationen finden Sie im Veranstaltungsflyer.

 

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