Zionismus

Weitere Begriffe zum Thema Judentum:

Zionismus bezeichnet eine historische Bewegung, eine Ideologie und ein politisches Programm. Die zionistische Bewegung formierte sich im 19. Jahrhundert als jüdische Nationalbewegung, welche die Errichtung einer nationalen Heimstätte für die Jud:innen im «Land Israel» (Palästina) anstrebte und 1948 die Gründung des Staates Israel erreichte. Heute bezeichnet Zionismus eine Ideologie und ein politisches Programm zur Unterstützung Israels sowie zur Förderung der jüdischen Einwanderung nach Israel.

Der Begriff Zionismus leitet sich von Zion ab, dem Namen eines der Hügel von Jerusalem. Er erscheint in den jüdischen heiligen Schriften als Synonym für den Tempelberg, für Jerusalem und für Judäa. Die zahlreichen Erwähnungen von Zion in jüdischen Gebeten, Gedichten und Psalmen machen die immer gegenwärtige Hoffnung auf eine Rückkehr in die heilige Stadt und die Wiedererrichtung des Tempels nach dem Kommen des Messias deutlich. Im 19. Jahrhundert wurde diese spirituell-religiöse Sehnsucht aufgegriffen und vor dem Hintergrund der entstehenden europäischen Nationalstaaten in ein Streben nach konkreter Rückkehr ins biblische Land Israel und nach jüdischer Nationalstaatlichkeit umgewandelt. Der Begriff Zionismus als Bezeichnung für die neue Strömung wurde von Nathan Birnbaum (1864-1937) geprägt, der ihn erstmals 1890 verwendete.

Pogrome in Russland Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sowie die Dreyfus-Affäre in Frankreich (1894-1906), machten der jüdischen Bevölkerung in Ost- und Westeuropa deutlich, dass sie von grossen Teilen ihrer nichtjüdischen Umwelt nicht als Gleichberechtigte akzeptiert wurden. Viele sahen darin das Scheitern der jüdischen Emanzipation. 1896 publizierte der Journalist Theodor Herzl (1860-1904) das Buch «Der Judenstaat», in dem er die Errichtung eines Staates als Lösung der europäischen «Judenfrage» präsentierte. In diesem Staat würde das jüdische Volk die Mehrheit bilden und als kollektives Subjekt der eigenen Geschichte agieren. 1897 wurde der erste Zionistenkongress in Basel einberufen und die zionistische Weltorganisation gegründet.

Innerhalb der zionistischen Bewegung entwickelten sich unterschiedliche Strömungen. Unter der Führung von David Ben Gurion (1886-1973) war die linkszionistische Arbeitspartei führend im Aufbau der vorstaatlichen Strukturen in Palästina und des Staates Israel. Ideologisch setzte sie sich vom Bild des «hilf- und wehrlosen» Jud:innen in der Diaspora ab und wollte eine sozialistische Gesellschaft mit «neuen», wehrbereiten und starken Jud:innen schaffen.

Der Zionismus war zunächst die Bewegung einer Minderheit. Ultraorthodoxe Jud:innen, jüdische Sozialist:innen sowie viele assimilierte Jud:innen waren Nicht- oder Antizionist:innen. Die traumatische Erfahrung der Shoah schien jedoch die zionistische Voraussage, dass ein jüdisches Leben in Europa nicht mehr möglich sei, zu bewahrheiten. Viele Jud:innen wandten sich unter dem Eindruck der Shoah dem zionistischen Aufbauwerk in Palästina zu. 1947 beschloss die UNO-Generalversammlung die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat.

Die Tragik des Nahostkonfliktes liegt darin, dass der Zionismus für die nach Palästina einwandernden Jud:innen eine nationale Befreiungsbewegung und für die einheimische arabische Bevölkerung eine europäische Kolonialbewegung darstellte.

Siehe auch die Einträge Antizionismus und Postzionismus.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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20.11.2024

Fischhof-Preis prämiert zwei Politiker:innen und eine Aktivistin

Bei der diesjährigen Verleihung des Fischhof-Preises wurden erstmals drei Persönlichkeiten gleichzeitig für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus ausgezeichnet. Die Preisträger:innen sind alt SP-Nationalrat Angelo Barrile, Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller und Theologin Nicola Neider Ammann. Im Gespräch mit Moderator David Karasek reflektierten sie über ihre Arbeit, ihre Motivation sowie ihre Sorgen und Ängste – doch auch über ihre Hoffnungen, die trotz aller Herausforderungen spürbar waren.  

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger sprach ebenfalls mit David Karasek und fragte selbstkritisch: «Bin ich vielleicht selbst antisemitisch, ohne es zu merken?» Er machte darauf aufmerksam, wie tief Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft verankert sind und wie selten diese Mechanismen hinterfragt werden. Bewegende Laudationen von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, alt SIG-Präsident Herbert Winter und alt Grünen-Nationalrätin Cécile Bühlmann würdigten die Leistungen der Preisträger:innen eindrücklich. 

Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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