Sinti und Roma

Weitere Begriffe zum Thema Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten:

Rom:nja sind Volksgruppen, die vor dem 7. Jahrhundert aus Nordindien emigriert und über Persien und die Türkei u. a. nach Europa eingewandert sind. Sinti:zze sind eine Untergruppe der Rom:nja, die Mitteleuropa am frühesten erreicht und sich in Deutschland niedergelassen hat (nach 1400). Entgegen einer weit verbreiteten Meinung lebten Sinti:zze und Rom:nja überwiegend sesshaft.

Die Herkunft der Rom:nja und ihre sich über Jahrhunderte erstreckende Migration lässt sich anhand ihrer Sprache aufschlüsseln: Romani oder Romanes ist eine aus dem Sanskrit entstandene indoeuropäische Sprache («Rom» – im Plural «Roma» – heisst «Mann» und «Mensch» auf Romanes; die weibliche Form ist «Romni»). Auf ihrem Migrationsweg hat das Romanes Lehnwörter aus den Sprachen der Völker aufgenommen, in deren Territorien sich die Rom:nja länger aufhielten. So schliessen Forscher:innen, dass die Rom:nja Persien im 7. Jahrhundert vor der Eroberung durch die Araber:innen durchquert und vor dem Jahr 1000 Byzanz erreicht haben mussten. Dort waren sie lange als Handwerker:innen sesshaft, bevor ein Teil von ihnen im 14. Jahrhundert über den Balkan nach Mitteleuropa und Spanien wanderte. Frühe Erwähnungen von Rom:nja sind 1407 in Hildesheim und 1414 in Basel belegt. Die Rom:nja gliedern sich in viele Stämme und Untergruppen; in Westeuropa sind – neben den Sinti:zze – die Kalderasch, Lovara und Manusch die bekanntesten Gruppen.

Die Sinti:ze sind die Untergruppe der Rom:nja, die am frühesten in Mitteleuropa ankam und sich vor allem auf dem Gebiet des Deutschen Reichs niederliess. Der Name Sinti:zze ist allerdings jünger und könnte von «Sende» kommen, wie die Rom:nja genannt wurden. Die deutschen Sinti:zze grenzten sich in neuerer Zeit selbstbewusst von den später aus Osteuropa einwandernden – und meist ärmeren – Rom:nja ab. Aus diesen historischen Gründen heisst die grösste Dachorganisation der Rom:nja in Deutschland «Zentralrat Deutscher Sinti und Roma».

Von der europäischen Mehrheitsbevölkerung wurden Sinti:zze und Rom:nja meist mit dem abwertenden Sammelbegriff «Z*******» bezeichnet. Im Gegensatz zur Volksmeinung ist die nomadisierende Lebensweise kein ethnisch-kulturelles Merkmal der Rom:nja: Wo sie nicht vertrieben wurden, lebten sie meist über Generationen hinweg als sesshafte Handwerker:innen und Händler:innen. Doch wurden die Rom:nja in Europa während Jahrhunderten immer wieder als Fremde ausgegrenzt und verfolgt. Zur Zeit des Nationalsozialismus steigerte sich die rassistische Verfolgung bis zum Völkermord, dem 220’000 bis 500’000 Rom:nja zum Opfer fielen. Diskriminierungen und gewaltsame Vertreibungen finden heute vor allem in jenen osteuropäischen Ländern statt, wo die Rom:nja als grössere Minderheitsgruppe seit Jahrhunderten niedergelassen sind und nun Opfer des postsozialistischen Nationalismus und Rechtsextremismus werden. Solche gewaltsamen Übergriffe geschahen in jüngster Zeit in der Slowakei, in Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Mazedonien und im Kosovo.

Heute leben Rom:nja auf allen Kontinenten. Ihre Bevölkerungsgrösse wird zwischen 6 und 11 Millionen geschätzt. Trotz der weltweiten Verbreitung haben viele Rom:nja ihre eigene Sprache und Kultur bewahren können.

Siehe auch die Stichworte Jenische/FahrendePorajmos/Völkermord an den Sinti:zze und Rom:njaZ*******Endlösung und Nationalsozialismus.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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02.12.2024

Wann wandelt sich Aktivismus in Hate Speech?

Wo endet die Meinungsfreiheit und wo wandelt sich Aktivismus in Hate Speech? In der schweizerischen Rechtspraxis nirgends, wenn man politische Parolen zum Nahostkonflikt betrachtet. Um diesem Sachverhalt nachzugehen, hat die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus die ehemalige Bundesrichterin und Stiftungsrätin Dr. Vera Rottenberg sowie Mia Mengel, wissenschaftliche Mitarbeiterin der GRA, mit einer rechtlichen Analyse beauftragt.

Im Mittelpunkt der Analyse «From the River to the Sea…», «Intifada bis zum Sieg» keinesfalls strafbar? stehen ebendiese Slogans. Sie wurden nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verstärkt in der Schweizer Öffentlichkeit verwendet. 

Die beiden Autorinnen argumentieren, dass eine strafrechtliche Relevanz der Parolen – insbesondere im Hinblick auf die Diskriminierungs-Strafnorm Art. 261bis StGB – nicht ausgeschlossen werden könne.

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