Stürmer / Stürmerjude

Die von Julius Streicher herausgegebene nationalsozialistische Wochenzeitung «Der Stürmer» erschien von 1923 bis 1945 in Nürnberg und war das erfolgreichste antisemitische Kampfblatt des Dritten Reiches. Seine Karikaturen prägten das Bild der Jud:innen in der NS-Propaganda; seither bedeutet «Stürmerjude» eine grob antisemitische Darstellung von Jud:innen.

In der Frühzeit der NSDAP gründete Julius Streicher (1885-1946) im April 1923 in Nürnberg die Wochenzeitung «Der Stürmer». Bereits in ihren ersten Jahren als Lokalblatt war die Zeitung antisemitisch ausgerichtet und widmete sich dem Kampf gegen «Alljuda», die angebliche jüdische Weltverschwörung. Dabei nahm das Blatt auch mittelalterliche judenfeindliche Obsessionen auf und behauptete jüdische Ritualmorde an Christenkindern. Von 1927 an stand in jeder Nummer unten auf der Frontseite in grosser Schrift «Die Juden sind unser Unglück!».

«Der Stürmer» war ein vulgär-antisemitisches Revolverblatt, das innerhalb der Presse des Dritten Reiches einen Sonderstatus hatte. Es war nie ein Parteiorgan, sondern blieb immer Privateigentum von Streicher, der dadurch zum mehrfachen Millionär wurde. Führende NS-Leute – etwa Propagandaminister Joseph Goebbels – lehnten den «Stürmer» ab, weil das Blatt dem sogenannten «wissenschaftlichen Antisemitismus» des NS-Regimes schade. Doch da Adolf Hitler den «Stürmer» gerne las, konnte die Zeitung bis 1945 erscheinen. Die grösste Auflage hatte «Der Stürmer» 1936/37 mit 486’000 Exemplaren. Eine weite Verbreitung seiner Inhalte erreichte er, indem die meisten Betriebe Pflichtexemplare nach der Grösse ihrer Belegschaft beziehen mussten. Und an vielen Orten war die Zeitung auch in Aushang-Kästen («Stürmer-Kästen») auf Strassen und Plätzen zu lesen.

Berühmt – und bei Antifaschist:innen berüchtigt – waren die Jud:innen-Karikaturen im «Stürmer». Vor allem der Zeichner Philipp Rupprecht (1900-1975), der seine Werke mit «Fips» signierte, schuf den Inbegriff des nationalsozialistischen Judenbildes: froschmäulig, krummnasig, glubschäugig, geldgierig, sexuell triebhaft und feige. Der Begriff «Stürmerjude» ist seither Synonym für ein antisemitisches Zerrbild von Jud:innen.

«Stürmer»-Herausgeber Julius Streicher – der als NS-Gauleiter von Franken auch direkt an Judenverfolgungen beteiligt gewesen war – wurde nach dem Krieg vom Internationalen Gerichtshof in Nürnberg als einer der Wegbereiter der Judenvernichtung angeklagt und wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt. Am 16. Oktober 1946 wurde er gehenkt.

Der Karikaturist Philipp Rupprecht verbüsste nach dem Krieg fünf Jahre einer zehnjährigen Haftstrafe. 1950 wurde er entlassen und lebte anschliessend in Starnberg und München als Maler und Dekorateur.

Siehe auch die Stichworte Antisemitismus und Nationalsozialismus.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2016

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02.12.2024

Wann wandelt sich Aktivismus in Hate Speech?

Wo endet die Meinungsfreiheit und wo wandelt sich Aktivismus in Hate Speech? In der schweizerischen Rechtspraxis nirgends, wenn man politische Parolen zum Nahostkonflikt betrachtet. Um diesem Sachverhalt nachzugehen, hat die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus die ehemalige Bundesrichterin und Stiftungsrätin Dr. Vera Rottenberg sowie Mia Mengel, wissenschaftliche Mitarbeiterin der GRA, mit einer rechtlichen Analyse beauftragt.

Im Mittelpunkt der Analyse «From the River to the Sea…», «Intifada bis zum Sieg» keinesfalls strafbar? stehen ebendiese Slogans. Sie wurden nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verstärkt in der Schweizer Öffentlichkeit verwendet. 

Die beiden Autorinnen argumentieren, dass eine strafrechtliche Relevanz der Parolen – insbesondere im Hinblick auf die Diskriminierungs-Strafnorm Art. 261bis StGB – nicht ausgeschlossen werden könne.

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