Nacht-und-Nebel-Erlass

Adolf Hitlers NN-Erlass (später oft mit «Nacht-und-Nebel» übersetzt) vom 7. Dezember 1941 richtete sich gegen Zivilpersonen in den von Deutschland besetzten Ländern. Die Wehrmacht bekam den Auftrag, Menschen, die des Widerstands gegen die Besatzungsmacht verdächtigt wurden, nach Deutschland zu verschleppen. Zur Abschreckung liess man die Angehörigen im Ungewissen über das Schicksal der Verhafteten. Gegen 7000 Menschen verschwanden auf diese Art; viele starben in der Haft.

Was nach dem Krieg als «Nacht-und-Nebel»-Erlass bezeichnet wurde, war ein Führererlass vom 7. Dezember 1941 mit dem langen Namen «Richtlinien für die Verfolgung von Straftaten gegen das Reich oder die Besatzungsmacht in den besetzten Gebieten». Darin beauftragte Hitler den Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Wilhelm Keitel, gegen «kommunistische Elemente und andere deutschfeindliche Kreise» in den besetzen Gebieten vorzugehen. Für Straftaten gegen das Reich oder die Besatzungsmacht sei «grundsätzlich die Todesstrafe angebracht». Nach Möglichkeit sollten die Täter:innen aber zur Aburteilung nach Deutschland gebracht werden. Für das Verfahren ordnete Hitler Geheimhaltung an: «Deutschen und ausländischen Dienststellen ist auf Fragen nach solchen Tätern zu erklären, sie seien festgenommen worden, der Stand des Verfahrens erlaube keine weiteren Mitteilungen.»

Bald schon erkannte die nationalsozialistische Führung, dass das geheime Verschleppen verdächtiger Personen ein geeignetes Einschüchterungsmittel war. Im Februar 1942 ordnete Keitel an: «Die abschreckende Wirkung dieser Massnahmen liegt a) in dem spurlosen Verschwindenlassen der Beschuldigten, b) darin, dass über ihren Verbleib und ihr Schicksal keinerlei Auskunft gegeben werden darf.» Die Nazis erfanden damit ein Terrorinstrument, das bis heute von Militär- und anderen Diktaturen angewandt wird.

Im amtlichen Verkehr nannten die nationalsozialistischen Behörden die Verschleppten «NN-Häftlinge», ihr Geheimprozess hiess «NN-Verfahren» oder «NN-Sache». Die Abkürzung NN stand wohl für «nomen nescio» (lateinisch: «den Namen weiss ich nicht» = Name unbekannt), was zur Geheimhaltung passen könnte. Doch schon in Nazi-Deutschland wurde NN teilweise mit «Nacht und Nebel» übersetzt – was ebenfalls das Vorgehen schwülstig versinnbildlichte. Erst nach dem Krieg, mit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen von 1946, wurde der Führererlass vom 7. Dezember 1941 allgemein «Nacht-und-Nebel»-Erlass genannt.

Der «Nacht-und-Nebel»-Erlass galt bis August 1944. In dieser Zeit verschleppten die Nationalsozialist:innen rund 7000 Zivilpersonen aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Norwegen nach Deutschland. Bis Ende April 1944 wurden mindestens 340 von ihnen zum Tod verurteilt. Wie viele der übrigen Deportierten im Gefängnis und in Konzentrationslagern starben, liess sich nach dem Krieg nicht mehr feststellen.

Siehe auch die Einträge Nationalsozialismus und Duce / Führer.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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20.11.2024

Fischhof-Preis prämiert zwei Politiker:innen und eine Aktivistin

Bei der diesjährigen Verleihung des Fischhof-Preises wurden erstmals drei Persönlichkeiten gleichzeitig für ihren Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus ausgezeichnet. Die Preisträger:innen sind alt SP-Nationalrat Angelo Barrile, Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller und Theologin Nicola Neider Ammann. Im Gespräch mit Moderator David Karasek reflektierten sie über ihre Arbeit, ihre Motivation sowie ihre Sorgen und Ängste – doch auch über ihre Hoffnungen, die trotz aller Herausforderungen spürbar waren.  

Alt Bundesrat Moritz Leuenberger sprach ebenfalls mit David Karasek und fragte selbstkritisch: «Bin ich vielleicht selbst antisemitisch, ohne es zu merken?» Er machte darauf aufmerksam, wie tief Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft verankert sind und wie selten diese Mechanismen hinterfragt werden. Bewegende Laudationen von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, alt SIG-Präsident Herbert Winter und alt Grünen-Nationalrätin Cécile Bühlmann würdigten die Leistungen der Preisträger:innen eindrücklich. 

Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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