Arbeit macht frei

Viele Konzentrationslager der Nationalsozialist:innen trugen an ihren Haupttoren Inschriften, die ursprünglich harmlose Sinnsprüche waren, hier aber zur zynischen Verhöhnung der Häftlinge dienten. «Arbeit macht frei» stand am Tor der KZ von Dachau, Auschwitz, Sachsenhausen und Theresienstadt. «Jedem das Seine» und  –  am Torfries  –  «Recht oder Unrecht mein Vaterland» waren Inschriften des KZ Buchenwald.

Bereits das erste nationalsozialistische Konzentrationslager erhielt am eisernen Haupttor den Spruch «Arbeit macht frei»: Es war das am 22. März 1933  –  kaum zwei Monate nach der Machtergreifung Hitlers  –  eröffnete Konzentrationslager Dachau bei München. Es war errichtet worden, um kommunistische und sozialdemokratische Gegner:innen der Nazis in sogenannte «Schutzhaft» zu nehmen. Woher die Nationalsozialist:innen den Spruch hatten, ist unklar. «Arbeit macht frei» war der Titel eines Romans, den der deutschnationale Schriftsteller Lorenz Diefenbach 1873 in Bremen veröffentlicht hatte. Darin wird ein notorischer Spieler und Betrüger durch geregelte Arbeit geläutert und gebessert.

Ein anderes Motto war in Dachau auf das Dach des Hauptgebäudes gemalt. Es war ein Zitat von Heinrich Himmler, damals Polizeipräsident von München, später Gestapo-Chef und Reichsführer-SS: «Es gibt einen Weg zur Freiheit. Seine Meilensteine heissen: Gehorsam – Fleiss – Ehrlichkeit – Ordnung – Sauberkeit – Nüchternheit – Wahrheit – Opfersinn und Liebe zum Vaterland

Beide Sprüche wurden von verschiedenen später errichteten Konzentrationslagern übernommen. «Arbeit macht frei» stand ab 1940 in ebenfalls schmiedeeisernen Lettern über dem Tor zum Stammlager Auschwitz I (weshalb der Spruch heute meist mit diesem KZ in Verbindung gebracht wird) und an oder über den Toren der KZ Sachsenhausen (1936 errichtet), Gross-Rosen (1940) und Theresienstadt (1940).

Das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar trug in seinem Torgitter den Spruch «Jedem das Seine». Dieses Zitat geht auf den römischen Dichter und Staatsmann Marcus Tullius Cicero (106-43 v.Chr.) zurück: «Justitia suum cuique distribuit» («Die Gerechtigkeit teilt jedem das Seine zu»). Abgekürzt in «suum cuique» wurde es ein Wahlspruch der preussischen Könige, und als Inschrift schmückte es den 1701 von Friedrich dem Grossen gestifteten «Hohen Orden vom Schwarzen Adler». Am Mauerfries über dem eisernen Tor von Buchenwald stand ausserdem: «Recht oder Unrecht mein Vaterland».

Die Sprüche waren als Verhöhnung der Häftlinge gedacht – und wurden von den Gefangenen auch so empfunden: «Die Herren haben wirklich Humor / In diesen bitteren Zeiten: / JEDEM DAS SEINE steht höhnisch am Tor, /Durch das die Häftlinge schreiten.» Das schrieb der Dichter Karl Schnog 1943 in Buchenwald. Sein 1947 erschienener Gedichtband trug denn auch den Titel «Jedem das Seine».

Aus diesem Grund sind «Arbeit macht frei» und «Jedem das Seine» so stark mit der Erinnerung an die NS-Konzentrationslager verbunden, dass sie nur in diesem Zusammenhang verwendet werden sollten. Der lateinische Spruch «suum cuique» hingegen ist nicht durch den Nationalsozialismus kontaminiert.

Siehe auch die Einträge KZ/Konzentrationslager und Nationalsozialismus.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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Der Fischhof-Preis setzt auch 2024 ein starkes Zeichen gegen Diskriminierungen aller Art und bietet ein Gegennarrativ zu den Stimmen, die behaupten, das «Böse» sei unaufhaltsam. Die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und die GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz vergeben den Fischhof-Preis, um denjenigen Personen eine Bühne zu geben, die sich für Gerechtigkeit, Demokratie und Inklusion einsetzen.

Eine fotografische Rückschau finden Sie hier.

Foto: Alain Picard

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