In der Pause einer Theateraufführung beschimpft ein 18-jähriger Werkzeugmacherlehrling, in Begleitung eines 23jährigen Autoverkäufers, drei Lehrer und eine Kindergärtnerin mit ehrverletzenden («Lehrer sind linke Säue») und rassistischen Ausdrücken, so mit «Saujuden» und «Dreckjuden» und «Sautürken» und dem Slogan «Türken raus». Die Beschimpften erheben Strafklage wegen Ehrverletzung und wegen Vorstosses gegen die Rassismus-Strafnorm. Bei der ersten Einvernahme versucht Hanspeter Messer, Gerichtspräsident von Büren an der Aare, die Kläger zu einem Rückzug der Strafklage zu bewegen. «Dies ging praktisch bis zur Drohung, indem er uns sagte, es komme uns teuer zu stehen, falls wir den Fall jetzt weiterziehen und später verlieren würden», berichtet ein Kläger dem «Bieler Tagblatt». Ralph Würth, Präsident der Sekundarschulkommission Arch, beschwichtigt gegenüber der gleichen Zeitung: «Das Passierte hat ganz klar nichts mit Rassismus zu tun». Es handle sich um «eine Provokation von Schülern gegenüber einer bestimmten Gruppe von Lehrern. Die betroffenen Lehrer sind zu 50 Prozent selber schuld an ihrer Situation.» Wenige Wochen nach den rassistischen Beschimpfungen wird im Zivil-schutzraum von Unbekannten Mobiliar zerstört und werden die Wände mit Kelten- und Hakenkreuz, sowie mit dem rechtsextremen Slogan «Schweiz erwache» verschmiert. Ende März 1996 wird eine erste Gerichtsverhandlung kurz vor Ende der Beweisaufnahme unterbrochen, da der Einzelrichter den Beizug eines amtlichen Verteidigers für den Lehrling als notwendig erachtet. Der Lehrling hatte sich mit seinen Aussagen stark belastet. Am 3. Juli 1996 verurteilt der Einzelrichter von Büren an der Aare den Werkzeugmacherlehrling wegen Ehrverletzung und Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm zu vier Wochen Haft bedingt. Der Einzelrichter erachtete den Ausdruck «Türken raus» als Aufforderung zur Diskriminierung und die Ausdrücke «Dreckjuden, Saujuden, Drecktürken, Sautürken» als gegen die Menschenwürde verstossende Herabsetzung. Dem zweiten Angeklagten liessen sich rassistische Ausdrücke nicht rechtsgenügend nachweisen, er wurde allerdings wegen Verleumdung zu sechs Wochen Haft bedingt und zur Bezahlung einer Genugtuung von 2’600 Franken verurteilt.

3.4.1995
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Ein Ausschnitt aus dem Flyer des Programms der Ringvorlesung. Darauf zu sehe ist das Logo der Universität Zürich sowie der Titel der Ringvorlesung: Antisemitismus.
05.09.2024

Ringvorlesung «Antisemitismus» der Sigi Feigel-Gastprofessur für Jüdische Studien

Wann: Jeweils montags zwischen 18.15 bis 19.45 Uhr
Daten: 23.09./14.10./28.10/04.11/18.11./2.12./16.12.
Ort: Universität Zürich, Rämistrasse 71, Raum: KOH-B-10

Seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat der Begriff des Antisemitismus in öffentlichen Debatten wieder hörbar Eingang gefunden. Doch wird nicht nur mit Blick auf dieses Ereignis und seine Folgen über Antisemitismus diskutiert. Jüdische Menschen in der ganzen Welt sind seit dem Herbst 2023 vermehrt antisemitischen Anfeindungen in allen Formen ausgesetzt. Während Jüdinnen und Juden auf diese Weise unmittelbar von Antisemitismus betroffen sind, werden andere im öffentlichen Diskurs wiederum als antisemitisch bezeichnet, wenn sie beispielsweise eine «israelkritische» Stellung zur Lage in Nahost beziehen.

Antisemitismus ist kein neues Phänomen. Der Hass gegen jüdische Menschen blickt auf eine lange (Leidens-)Geschichte zurück, die nun wieder aktuell geworden ist. Die Ringvorlesung analysiert Begriff, Geschichte und Ausdrucksformen des Antisemitismus und lässt Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Gesellschaft zu Wort kommen, die historische Hintergründe, psychologische und rechtliche Dimensionen, ideologische und politische Erscheinungen sowie persönliche Erfahrungen vorstellen.

Die Ringvorlesung wird in Kooperation mit der Gamaraal Foundation veranstaltet (www.last-swiss-holocaust-survivors.ch).

Der Eintritt ist frei.

Weitere Informationen finden Sie im Veranstaltungsflyer.

 

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Ringvorlesung «Antisemitismus» der Sigi Feigel-Gastprofessur für Jüdische Studien
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