
Der Antisemitismusbericht 2024 der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) dokumentiert das beispiellos hohe Niveau der Menge antisemitischer Vorfälle nach dem Höhepunkt von Ende 2023. Der Nahostkrieg bleibt der Haupttreiber für antisemitische Vorfälle. Jüdinnen und Juden erleben Antisemitismus direkter und unverhohlener als zuvor. Viele jüdische Menschen legen daher ein Vermeidungsverhalten an den Tag. Sie vermeiden, in der Öffentlichkeit als jüdisch erkannt zu werden.
Die 221 Vorfälle, die in der realen Welt gemessen wurden, entsprechen einer Steigerung von mehr als 40% gegenüber 2023 und fast einer Vervierfachung gegenüber 2022. Elf Tätlichkeiten im Berichtsjahr geben dem schweizerischen Antisemitismus eine gewalttätige Dimension. Besonders hervorzuheben sind die Messerattacke auf einen sichtbar jüdischen Zürcher Mann in Selnau im März sowie ein versuchter Brandanschlag auf eine Zürcher Synagoge im August. Der Bericht dokumentiert mithilfe einer neuen Suchmethode mehr als 1’500 Vorfälle von antisemitischer online Hate Speech.
Viele der Vorfälle beziehen sich auf den Krieg im Nahen Osten. Jüdinnen und Juden werden öfter für die Politik Israels verantwortlich gemacht, angegriffen und müssen sich rechtfertigen. Als Täter gelten vor allem Rechtsextreme, Linksextreme, Islamisten, verschwörungsaffine Gruppen und das radikal pro-palästinensische Lager.
Antisemitismus ist jedoch ein gesamtgesellschaftliches Problem. Die Behörden müssen die Sicherheit jüdischen Lebens in der Schweiz gewährleisten. Die Umsetzung der Strategie und des Aktionsplans gegen Rassismus und Antisemitismus auf Bundesebene muss zügig vorangehen. Die Schweiz braucht eine strengere Regulierung von Online-Hassrede und Druck auf Social-Media-Plattformen.
Dokumente:

Lesung und Gespräch zu «Gojnormativität. Warum wir anders über Antisemitismus sprechen müssen.»
Am 8. Mai 2025 sprechen Judith Coffey und Vivien Laumann im Zollhaus Zürich über ihr Buch «Gojnormativität. Warum wir anders über Antisemitismus sprechen müssen».
Im Buch loten die Autorinnen das Verhältnis von Jüdischsein und weiss-Sein aus und gehen der spezifischen Unsichtbarkeit von Juden:Jüdinnen in der Mehrheitsgesellschaft nach. In Anlehnung an das Konzept der Heteronormativität erlaubt «Gojnormativität», Dominanzverhältnisse in der Gesellschaft zu befragen und so ein anderes Sprechen über Antisemitismus zu etablieren.
Das Buch ist eine Aufforderung zu einem bedingungslosen Einbeziehen von Juden:Jüdinnen in intersektionale Diskurse und Politiken und zugleich ein engagiertes Plädoyer für solidarische Bündnisse und Allianzen.
Wann: 8. Mai 2025 um 19:00 Uhr
Wo: Zollhaus Zürich / online mit Livestream
Sprache: Deutsch und Verdolmetschung in Gebärdensprache (auf Anfrage)
Moderation: Prof. Dr. Amir Dziri
In Kooperation mit: ZIID und feministisch*komplex
>>Tickets kaufen: ZIID Zürcher Institut für interreligiösen Dialog
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