Aus dem GRA-Glossar: Zur Verwendung des Begriffs «Mohrenkopf»
08.12.2017

Die Praktikantin Maike Trenner* stellt neu in jedem Newsletter einen Begriff aus dem GRA-Glossar der belasteten Begriffe vor.

Das Glossar der GRA ist zu einer wichtigen Anlaufstelle geworden, wenn es um die Bedeutung von belasteten Begriffen geht. Mittlerweile werden über 100 Begriffe im laufend aktualisierten Glossar ausführlich erklärt; auf «www.gra.ch/bildung/gra-glossar/» ist er für alle frei zugänglich. In jedem GRA-Newsletter wird neu ein Begriff aus dem Glossar vorgestellt.

Aktuell wird in Schweizer Medien über die Verwendung des Begriffs «Mohrenkopf» diskutiert. Vor Kurzem wurde auch eine Petition vom «Komitee gegen rassistische Süssigkeiten» gestartet, welche den Zweck hat, diesen Begriff aus dem Sprachgebrauch zu streichen (siehe Artikel von 20min). Viele fühlen sich nun aber bedrängt und fragen sich, was daran denn überhaupt rassistisch sei. Auch die GRA hat Anfragen in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Begriffs erhalten. Der Begriff «Mohrenkopf» ist auch im GRA-Glossar aufgeführt.

Der Begriff «Mohrenkopf» wird für verschiedene mit Schokolade überzogene Kleingebäcke und Süsswaren verwendet. Im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm findet der «Mohrenkopf» als «Biskuitgebäck mit Schokoladenüberzug» 1885 erstmals Erwähnung.

Diesen Mohrenkopf gibt es seit den 1940er Jahren auch in der Schweiz. «Mohrenköpfe» (oder «Negerküsse») werden in Deutschland heute «Schokoküsse» genannt – in der Schweiz hat sich die ursprüngliche Bezeichnung sowohl in Firmennamen als auch in der Alltagssprache bisher gehalten. Dass ein deutscher Konditor den Namen «Mohrenkopf» zu einer Zeit erfand, in der das Zweite Deutsche Kaiserreich (1871-1918) mit einer aggressiven Kolonialpolitik die einheimische Bevölkerung in Ost-, Südwest- und Westafrika unterwarf und Menschen aus den Kolonien in europäischen Städten in «Völkerschauen» vorgeführt wurden, ist dabei den Wenigsten bewusst.

Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff «Mohr» weitgehend durch «Neger» verdrängt. Er kommt aber in älteren literarischen Werken (wie der «kohlpechrabenschwarze Mohr» im «Struwwelpeter» von Heinrich Hoffmann aus dem Jahre 1845) vor und hält sich nach wie vor in der Lebensmittelindustrie. In der Redewendung «Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen» (nach Friedrich Schillers «Verschwörung des Fiesco zu Genua») wird die dienende und untergebene Rolle von «Mohren» deutlich. Der Ausdruck «Mohrenwäsche» bezeichnet laut Duden (2001) den «Versuch, einen offensichtlich Schuldigen rein zu waschen» und weist auf die Assoziation von «Mohr» (und der Farbe Schwarz) mit Schuld hin.

Diese Erläuterungen zeigen unmissverständlich, dass der Begriff sehr wohl eine rassistische Entstehungsgeschichte aufweist. Viele argumentieren nun, dass dieses Wort zum Sprachgebrauch der Schweizer gehöre und zur Gewohnheit geworden sei.

Aber sollen wir wirklich auf einem Begriff mit einer solchen Bedeutung beharren, obwohl dieser diskriminierend und verletzend für Dunkelhäutige sein kann?

Im täglichen Sprachgebrauch hat sich der Verzicht auf die Wörter «Neger» und «Mohr» aufgrund der negativen Besetzung bzw. des beleidigenden Charakters durchgesetzt. Warum dies für den Begriff «Mohrenkopf» nicht der Fall ist, ist aus Sicht der GRA nicht nachvollziehbar.

Die beiden Detailhändler Coop und Migros nennen diese Süssware schon seit langer Zeit entweder «Schaumkuss» oder «Choco-Köpfli». Dies kann als Vorbild dienen, wie der Begriff «Mohrenkopf» ganz einfach ersetzt werden kann.

Die GRA empfiehlt auf die Verwendung des Begriffs «Mohrenkopf» zu verzichten.

 

*Maike Trenner absolviert bei der GRA zurzeit ein Praktikum.

 

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